Während sie am Bettrand saß und gleichsam mit gierigen Gesten ihres welken Leibes und mit dem gierigen Gesichtsausdruck ihre braune Strumpfhose auszog, stand er ein Stückchen neben ihr und schüttelte sich vor Ekel. Dann ließ sie sich im Bett bequem nieder, bis sie alle Ecken einnahm. Den Mund verzog sie in ein Ringlein. Schmeichelnd sagte sie:
„ Sašenka, komm schon zu mir.“
Und Saša ging zu ihr. Er musste doch. Er musste doch seiner eigenen Mutter gehorchen.
Alexander der Alte - ein von der Ehefrau und vom Leben vernichteter Sechziger war zur kur gefahten. Ab und zu befiel ihn das Gefühl der Überflüssigkeit. Seine Marie bestritt sowieso den ganzen Haushalt allein. Längst hielt sie ihn ebenfalls von der Erziehung des Sohns fern. Alexander ließ es sich gefallen. Vielleicht sollte er nicht.
Am Morgen erwachte Saša neben der Mutter. Sie schmiegte sich schmeichelnd an ihn .
Sie stand auf und eilte zur Arbeit. Statt zu frühstücken, zündete er mit zilternder Hand eine Zigarette an. Vor ihm war der ganze Vormittag und ein Teil des Nachmittags. Er seufzte auf. Er aß. Er wollte zu den Freunden gehen, aber das Telefon klingelte. Widerwillig hob er den Kopfhörer ab die Mutter.
„Bärchen, vergiss nicht zu lernen. Am Nachmittag kontrolliere ich das. Geh nirgendhin, bis ich zurückkomme.“
Er seufzte. Er wollte nicht an die Hochschule, aber er musste. Er studierte Veterinär.Er rächte sich an ihr. Freunde kletterten. Er schloss sich an. Die Mutter kaufte ihm die Ausrüstung. Er zwang sie dazu. Ständig drohte er ihr, sie anzuzeigen. Sie ging darauf ein. Als er von einem Vorsprung eines Felsens herunterfiel, starb er beinahe. Er wurde gerettet. Die Mutter besuchte ihn täglich im Krankenhaus. Täglich musste er ihren Jammer aushalten. Sie ließ den Vater nicht zu ihm gehen. Einige Monate lag er auf der Psychiatrie zwischen den Selbstmördern.
Er öffnette das Fenster und das Skriptum. Zu Mittag ging er zu einem Freund, der die Ferien genoss. Saša rauchte eine Fluppe nach der anderen. Er schwieg, was blieb ihm übrig. Er hätte sonst den ganzen mehrjährigen Greuel schildern müssen, wann seine Mutter zum erstenmal seine sich entwickelnde Sexualität bemerkte. Er hatte nie ein Mädchen. Er fürchtete sogar, eine Frau anzureden. Er schämte sich. Er erkannte keine Schönheit der wuchernden Jugendzeit und die Anmut eines aufblühenden Mädchens . Zugleich sehnte er sich danach. Er hasste die Zeit mit der Mutter. In der Kindheit mochte er sie, aber jetzt ekelte er sich vor ihrem schweißbedeckten fettleibigen Bauch, ihren Beinen, Händen und Brüsten. Einmal schrie er im Affekt dieses Gefühl aus. Sie brach zusammen, begann hysterisch zu weinen und zu heulen. Wie alle verschmähten und verfluchten Geliebten schmiegte sie sich dann an und liebkoste ihn. Er wollte ihr einen Tritt versetzen, aber wie die meisten Liebhaber schaffte er das nicht.
Vor halb drei kam er nach Hause zurück. Er vertiefte sich ins Lernen. In einem Moment hüpfte die Mutter herbei und von der Tür rief sie lustig: „Bärchen, ich bin zu Hause.“ Sie erwartete eine Umarmung und einen Kuss. Saša bewegte sich nicht einmal. Jähzornig und sauer tauchte sie in seinem Zimmer auf. „Könntest du mich wenigstens begrüßen?“, machte sie ihm bittere Vorwürfe. Er brummte „Hallo“ vor sich hin. „Bärchen, heute feiern wir deinen vierundzwanzigsten Geburtstag zusammen. Ich mache deine lieblings Torte.“ „Lass deine Torte“, fertigte er sie kurz ab. „ Bärchen!“, erhob sie drohend ihre Stimme. Sie ging in die Küche. Jemand klingelte. Bevor er die Tür öffnete, steckte sie den Kopf hinaus und er hörte nur:“Nein, nein. Sašenka geht nicht raus, es ist fast vier Uhr. Ach wohin denn sollte er gehen. Ach wo!“ Saša wollte sie schon mehrmals mißhandeln. Nie fand er Mut zu dieser Tat. Er öffnete schnell die Küchentür. Sie bereitete die Torte zu und gleichzeitig bereitete sie die Bekleidung für die Reise vor. Morgen sollte er nämlich ins Studentenheim umziehen. Selbstverständlich fuhr sie mit ihm. „Bärchen, ich schlafe dort im Zimmer mit dir, damit du dort allein keine Angst hast. Ich habe frei..“ Sein Magen kehrte sich in ihm um.“Am Abend feiere ich mit Kumpeln in der Gaststätte“, teilte er ihr mit. „Nein, nein, da bist du wieder betrunken. Ich lasse dich nicht gehen!“ reagierte sie . Er wusste, dass er sich ihrer Macht nicht widersetzt. Deshalb resignierte er auch so wie sein Vater. Er resignierte mit seinem Leben. Er erfüllte immer nur sonderbare Pflichten und ihre Befehle. Und im Kopf klingelte es ihm – Achte deine Mutter.
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